I don’t have the drugs to sort it out.
This is my design.
Diese Sonntage, die man nur mit sich verbringt, irgendwie. Auch wenn da noch jemand ist, der dir Kaffee macht und Kuchen bringt und dem du durchs Haar streichst und froh bist, dass er da ist. Diese Zeit, in der man dennoch die Interaktion mit Menschen nur schlecht verkraftet, irgendwie. In der jedes Wort störend ist. In der man das Telefon klingeln lässt. In der man selbstvergessen den Blumen beim Welken zusieht, während der Tee aus der Tasse dampft und die Brillengläser beschlagen lässt, was egal ist, weil man sowieso nirgendwo hinsieht.
Da gibt es nicht viel zu erzählen, über diese Tage. Diese Tage, an denen man versucht, sich von sich selbst zu distanzieren, weil da innendrin zu viel los ist, von dem man gar nichts wissen will. Man sitzt unter dem schrägen Dachfenster, direkt darunter, über einem die Glasscheibe, von außen nass, von innen ein bisschen beschlagen, weil man nach oben sieht und zu viel atmet und weil der Tee vor sich hin dampft, und da ist nicht viel erkennbar draußen, eigentlich gar nichts, denn der Himmel ist grau und alle Vögel haben sich verkrochen und die Flugzeuge sind zu weit oben. Und alles, was man hört, ist das monotone Regengeräusch. Tropfen auf der Fensterscheibe. Immer leiser werdend, weil der Regen aufhört.
Das eigene Selbst ein Abziehbild, mit Spucke in ein frisches Sammelalbum geklebt, vorne auf die erste Seite, die folgenden Seiten noch ganz leer, und niemand da, der mit dir tauschen will, die doppelten Bilder, die man loswerden will, die wollen andere irgendwie auch nie haben. Um so verwunderlicher ist es, dass man sich irgendwann einfach im eigenen Leben wiederfindet, im eigenen Sammelalbum, so tief verwurzelt mit den eigenen selbst gewählten Umständen, rückblickend wird klar, es stimmt was sie sagen, du allein bist der Designer deines eigenen Lebens, du entwirfst dir deine eigene Welt, nur du allein entscheidest, was darin Platz findet und was nicht, welche Plätze im Sammelalbum mit Bildern gefüllt, welche einfach leer bleiben. Du musst den Dingen ihren Platz zuweisen, sie ins Arrangement integrieren, sonst verlieren sie sich im Nichts und fallen aus dem Rahmen, sonst bleibt dein Album ewig leer, auch wenn die Seiten ausbleichen, zerfleddern, einfach so vom Leerbleiben. Dann sitzt du da mit deiner Tasse Tee und der, der dir Kaffee macht, ist da nicht mehr.
Woanders ist so vieles glattgebügelt, alles so perfekt, und ich hadere nicht damit, dass bei mir immer alles Falten wirft. Irgendwas ist immer zu groß, zu klein, in den Ecken wellt sich der Stoff, blättert die Farbe ab, aber so soll das alles. Was nicht passt, wird… ach. Wer entscheidet überhaupt, was nicht passt. This is my design. Allzu oft drücke ich ein Auge zu, wo andere nochmal genau hinsehen, nochmal neu machen, von vorne anfangen, alles hinschmeißen weil alles kacke aussieht, weil ein anderer sagt, so gehört das aber nicht.
Bei mir gehört das so. Alles. Alles irgendwie falsch und irgendwie richtig, wenn man es aus dem entscheidenden Blickwinkel betrachtet.
Wenn ich nach oben sehe, hat der Regen nicht aufgehört, sondern ist zu Schnee geworden, der die Scheibe zu bedecken beginnt. Keine Vögel, keine Flugzeuge. Alles still. Diese Sonntage.
Happy honeymoon.
Pausenknopf. Pausenbrot. Pausentod.
Einfach mal still sein innendrin, ein Urlaub vom Schreiben. Stellte ich doch einst fest, dass man schreibend niemals Urlaub hat, dass die Finger niemals still neben Stift und Papier liegen können, so belehrt mich die Zeit eines Besseren.
16 Stunden in einem Flugzeug, 8 hin, 8 zurück, kein einziges Wort zu Papier gebracht, stattdessen Ablenkung, mit schlechten und mit guten Filmen, mit sinnlosen Zeitschriften, Halbschlaf und Dosenbier (ja. Im Flugzeug schmeckt das besonders gut). Die Zeit zwischen zwei Flügen in der vielleicht großartigsten Stadt der Welt verbringen, sieben Tage lang, und dennoch oder genau deshalb: Stundenlang in Cafés sitzen, in Soho, in Brooklyn, Frühstück im East Village (I miss you, Pumpkin Pancakes..), Spaziergänge im Central Park bei klirrender Kälte, und nirgendwo auch nur ein einziger Griff zum Notizbuch. Es sind Flitterwochen, eine Flitterwoche, und ich habe nicht das Schreiben geheiratet.
Und jetzt. Drei Wochen später. Wir nähern uns langsam wieder an, Wort um Wort, Buchstabe um Buchstabe. Da geht wieder was.
So long, Schreibblockade. Bis demnächst.
Random stranger at a glory hole
Ich lege meinen Körper auf die oberste Stufe der Treppe meines Bewusstseins. Keinen Schritt weiter. Irgendjemand ist immer da, der dich über die Schwelle stoßen will. Irgendjemand ist immer da, der dir sagen will, was du zu fühlen hast. Irgendjemand weiß immer besser als du, was gut für dich ist.
Der Sturm hat sich gelegt. Der November kommt und bleibt und ich bemerke es kaum. Ich bin so wach, innendrin, alles ist so aufgedreht, alle Sinne, alle Körperfunktionen, alles funktioniert, irgendwie, mehr als nur irgendwie. Es ist okay, sagt der Kopf, sagt der Bauch, sagt das Herz. Es ist in Ordnung, es ist mehr als das. Die Augen offen für die Welt.
Man vergisst so leicht, was man hat, wenn man sich nur darauf fokussiert, was man nie haben wird. Man vergisst so leicht, wie glücklich sein geht, wenn man es gar nicht sein will. Man vergisst so leicht, wie man zwischen Fremden und Freunden unterscheidet, wenn Fremde so gut zuhören. Man erschrickt so leicht vor der eigenen Tristesse, die sich unter die Haut setzt und sich nur mühsam wieder abstreifen lässt. Man wird so schnell müde bei dem Versuch, sich wieder gut zu fühlen.
Es kann so einfach sein, glücklich zu sein. Und so schwer, sich von Träumen zu trennen, Pläne einfach umzuschreiben, ein leicht dahingesagtes „Dann eben nicht“, kein trotziges, eher ein schulterzuckendes, ein resignierendes, ein „Dann eben nicht“, das weiß, da gibt es noch mehr, das man planen kann, finge man nur ein Mal damit an.
Alles ist so normal. Der November ist ein trister Monat, in jedem einzelnen Jahr, er ist zuverlässig, er enttäuscht uns nie. Winter is coming. Alles ist grau, so grau wie es innendrin so lange aussah, so hängen jetzt die Wolken tief und schwer über der Stadt, es ist dunkel und nass, die Menschen husten vor sich hin und ärgern sich über volle Lebkuchenregale im Supermarkt, die den Weg zu den hochprozentigen Alkoholika versperren. Mützen werden über Köpfe gestülpt, Schals um Hälse gewickelt, Nasen in Taschentüchern vergraben.
Und ich stehe mittendrin und irgendwie kümmert es mich kaum. Mein eigener, persönlicher Winter, er war so lang, er hinterlässt tiefe Spuren in meinem Kopf und Furchen um meine Augen. Kleine Eiszapfen zwischen meinen Wimpern als tapfere Zeitzeugen. Ich bin nicht müde, ich bin hellwach. Es kann so einfach sein, glücklich zu sein.
“In the midst of winter, I found there was, within me, an invincible summer.“ Albert Camus.